Der Begriff Friede machte Niklaus von Flüe über die Konfessionen hinaus zu einem zivilreligiösen Landesvater.
Diese zivilreligiöse Sicht entwickelte sich neben der konfessionell geprägten katholischen Erinnerungskultur, die in Gebet, Liturgie und Wallfahrt ihren Ausdruck fand und in der Heiligsprechung von Niklaus von Flüe 1947 ihren Höhepunkt erreichte, schreibt Fritz Gloor in seinem Buch «Bruder Klaus und die Reformierten»,
Der Kern der zivilreligiösen Erinnerungskultur ist das vermittelnde Eingreifen des Einsiedlers an der Tagsatzung von Stans im Jahre 1481. Den Grundstein zu diesem Bild legte 1501 der Bruder-Klaus-Biograph und Zwingli-Freund Heinrich Wölflin in seiner von Obwalden in Auftrag gegebenen Biographie mit der Charakterisierung Bruder Klausens als «pacis maximus amator», «grösster Liebhaber des Friedens».
Weltweit sind rund 200 Kirchen, Kapellen und Erinnerungsstätten Niklaus von Flüe, resp. Bruder Klaus geweiht. Von Asien bis Lateinamerika, von Europa bis Afrika. In Kuwu auf der Insel Flores (Indonesien), in Kasachstan, Pataya (Thailand), in Tono (Japan), in Tscheljabinsk (Russland), in Caragene de las Indias (Kolumbien), in Puerto Esperanza (Argentinien), Sao Carlos (Brasilien), Limparamba (Tansania), in Otele (Kamerun) oder Katibunga (Sambia).
Die meisten Missionskirchen, die den Namen von Niklaus von Flüe als Patron tragen, wurden von Missionaren der SMB Immensee (Missionsgesellschaft Bethlehem) gegründet u. geleitet.
Das einfache Leben Niklaus von Flües als Bauer, seine Versöhnungstat zwischen Stadt und Land («Stanser Verkommnis») und seine Visionen berühren die Menschen ganz besonders. Und je mehr der Frieden im Kleinen und im Grossen bedroht ist, desto aktueller wird Niklaus von Flüe als Friedensbotschafter für die ganze Welt.
Der Kirchengeschichtsprofessor Dr. Markus Ries zeigt im Gedenkband «Mystiker. Mittler. Mensch» wie Bruder Klaus sich schon 1479 gegen einen drohenden Krieg eidgenössischer Orte gegen Mailand ausgesprochen hatte. Der Brief des mailändischen Unterhändlers Gabriele Moresini vom 22. Juni 1479 ist vielleicht das älteste Zeugnis darüber, wie entschlossen Bruder Klaus für Ausgleich und Frieden eingetreten ist. 1483 wiederholte sich im Zusammenhang mit Gabriele Moresini ein solcher Friedensratschlag. Markus Ries beleuchtet die Rolle von Niklaus von Flüe als Friedensstifter und die unterschiedlichen Sichtweisen vor dem Hintergrund der jeweiligen Situation in Kirche und Gesellschaft.
Vollständiger Aufsatz von Dr. Markus Ries nebst weiteren fundierten Beiträgen von über 60 Autorinnen und Autoren im Gedenkband
Alles beginnt mit Hören – Bruder Klaus im Ranft hocht
Sozialer Frieden, Gott und die Welt miteinander verbinden, das ist die Berufung von Niklaus von Flüe und die Lebensaufgabe des Ehepaars Niklaus und Dorothee. Ihre Friedensarbeit ist geprägt vom Ranft, dem Ort, wo Himmel und Erde im Dialog stehen, dem Ort, wo Gastfreundschaft mit den Menschen geteilt wird, dem Ort, wo das Hinhören auf die Menschen und sich berühren lassen von ihren Sorgen und Nöten Platz hat, dem Ort wo Klaus und viele Menschen Ruhe und das, was wirklich Ruhe gibt, suchen.
Artikel von Thomas Wallimann Sasaki im CIRCULAR 21-1
Bruder Klaus und Charbel Makhlouf
Für die weltumspannende Friedensbotschaft steht auch der Verein Solidarität Libanon-Schweiz (SLS), der 1988 von Nabih Yammine am Kollegium St. Fidelis in Stans (NW) als Arbeitsgruppe gegründet wurde, um bedürftigen Familien und Opfern des Krieges zu helfen sowie für den Frieden zu wirken. Nebst dieser karitativen Tätigkeit, die der Verein weiterhin mit grossem Engagement betreibt, pflegt er die spirituelle Gemeinschaft zwischen der Schweiz und dem Libanon mit den beiden «Friedenseremiten» Bruder Klaus von Flüe und dem syrisch-maronitischen Mönch Charbel Makhlouf (1828 – 1898), der 1977 als erster Libanese von der katholischen Kirche heiliggesprochen worden ist. Namentlich dank der Initiative der SLS und von Nabih Yammine werden diese beiden Männer heute weltweit in 18 Ländern an 65 Orten gemeinsam verehrt.